Recherche

Das Filmprojekt wurde durch das Buch "Verdammte Stille" von Philippe & Stéphane Vigand inspiriert. Im Herbst 2000 fiel mir auf der Frankfurter Buchmesse, die Biographie bzw. der Roman erstmals auf. Anfangs fand ich zugegebenermaßen hauptsächlich den Titel gut und spannend. Schon nach den ersten 10 Seiten entstand der Film vor meinen Augen. Im Drehbuchseminar von Ludger Pfanz (betreuender Dozent) an der HfG-Karlsruhe habe ich mein Vorhaben, einen Film über das Locked-In Syndrom zu drehen, vorgetragen. Prof. Hans Beller (betreuender Professor) gab mir dann noch viele Anregungen, wie an diese Thema ranzugehen, an welche Personen man sich wenden soll und wie man es am besten filmisch umsetzen könnte. So entwickelte sich aus einem anfänglich szenischen Film über das Locked-In Syndrom eine Dokumentation. Gemeinsam mit Nina Gerlach erarbeiteten wir die ersten Seiten des Drehbuchs. Bei der Recherche stießen wir auf immer mehr Bücher von Betroffenen. Z.B. "Locked-In/ Gefangen im eigenen Körper" von Dr. Karl-Heinz Pantke, "Bis auf den Grund des Ozeans" von Julia Tavalaro sowie Schmetterling und Taucherglocke" von Jean-Dominique Bauby. Auch im Internet fanden wir recht viel zu diesem Thema.

 

Vorproduktion 1. Phase

Das Aufstellen eines Produktionsstabs gestaltete sich zu Beginn etwas schwierig, da viele schon in anderen Projekten involviert waren oder arbeiten mussten und daher keine Zeit hatten. Letztendlich fanden sich aber doch noch 22 Studenten und Nichtstudenten denen das Thema gefiel und die auch Lust hatten über eine längere Zeit an einer 45 minütigen Dokumentation mitzuwirken. Sowohl Studenten der HfG-Karlsruhe als auch der TFH-Berlin, der DSA-München, der Akademie der bildenden Künste Nürnberg, der FH-Köln, der Universität Lüneburg sowie Azubis für Mediengestalter Bild und Ton, ehemalige Praktikanten der Firma ARRI in München, freiberuflicher Cutter/ Toningenieure und Produktionsassistenten arbeiteten gemeinsam an diesem Hochschulprojekt.

 

Nachdem der Produktionsstab stand ging es vor allem darumProtagonisten für diesen Film zu finden. Daher wurde das Institut für medizinische Psychologie in Tübingen kontaktiert. Dort wurde die Gedanken- Übersetzungsmaschine von Herrn Prof. Niels Birbaumer und seinem Team entwickelt. Er gab Nina Gerlach und mir sehr viele Informationen zum Thema Locked-In Syndrom und verwies uns an Dr. Karl-Heinz Pantke, Begründer der Selbsthilfegruppe LIS e.V. in Berlin. Sie erstellten uns die Kontakte zu den Betroffenen. Anfangs war es recht schwer diese Personen für das Projekt zu gewinnen, da oftmals die Kommunikation nicht einfach war. Meistens wurden Briefe oder E - Mails an die Patienten und ihre Angehörigen geschrieben. Mit ein bisschen Glück gelang es uns sechs Betroffene zu finden, die sich bereiterklärten ihren Alltag mit der Kamera begleiten zu lassen.

 

Drehvorbereitung

Im Vorfeld der Produktion drehten wir einen Trailer. Nicht nur um Sponsoren für dieses Hochschulprojekt zu gewinnen sondern auch um zu sehen, ob die Dokumentation auch gestalterisch so funktioniert wie wir uns es vorstellten. Im Schnitt haben der Cutter und ich darauf Wert gelegt die O-Töne mit den Patienten so ungekürzt wie möglich zu zeigen, um dem Zuschauer das veränderte Zeitgefühl von Menschen im Locked-In Zustand etwas begreiflicher zu machen. Wir reduzierten die Schnittfrequenz um lange Einstellungen in den Vordergrund treten zu lassen. In diesem Sinne ging der Plan auf, allerdings stellten wir relativ bald im Schnittraum fest, dass es wenig Sinn macht mit einem starren Drehbuch an die ganze Sache ranzugehen.

 

Der eigentliche Film entstand daraufhin mit den Patienten. Die meisten von ihnen waren maßgeblich am inhaltlichen Konzept des Projektes beteiligt. In ihren Briefen schilderten sie immer wieder wichtige Anliegen. Fast jeder hatte ein bestimmtes Thema, dass er über diesen Film an die Öffentlichkeit transportieren wollte. So fuhr die Produktion volles Risiko und das ursprüngliche Drehbuch wurde über Bord geschmissen. Es wurde nur noch am Drehort benutzt, lediglich als eine Art Leitfaden, um Übergänge von den kleinen, abgeschlossenen "Lebensgeschichten" später im Schnitt herstellen zu können.

 

Letzte Vorbereitung vor Drehbeginn

Zusammen mit der Produktionsassistentin Nadine Schröter machten wir die Drehvorbesichtungen und gingen nochmals das neue Konzept mit den Protagonisten vor Ort durch. Von Zeit zu Zeit lernte ich weitere Betroffene kennen, die nicht am Film beteiligt waren. Ohne Kamera, ohne Drehbuch oder sonst irgendetwas was mit dem Projekt zu tun hatte zog ich los und besuchte sie. Dabei lernte ich ein wenig die Kommunikation mit ihnen und verschaffte mir so einen kleinen Einblick in ihren Alltag. Für mich war das eine ganz gute Vorbereitung für die Dreharbeiten im Herbst 2001.

 

Produktion

Wir benötigten 18 Drehtage in Tübingen, Mainz, Greifswald, Berlin, Esslingen und Paris. Die Arbeit mit den Betroffenen verlief unproblematisch, da das gesamte Team und die Mitwirkenden für die gleiche Sache gearbeitet haben, nämlich für diesen Film. Jeder Einzelne hatte eine ganze Menge zu erzählen und sie gewährten uns einen kleinen aber sehr aufschlussreichen und manchmal sogar einen sehr persönlichen Einblick in ihre momentane Lebenssituation. Während des Drehs wurde die Kluft zwischen dem Patienten und dem gesundem Menschen verringert. Es hat allen Spaß gemacht und jeder im Filmteam hat etwas von dieser Produktion in irgendeiner Art und Weise mit nach Hause nehmen können, ein Stück Lebenserfahrung für einen Nichtbetroffenen sozusagen. Zu Beginn der Dreharbeiten hatte so ziemlich jeder vom Kamerateam ein bisschen Angst davor, wie man beim ersten Treffen einem Locked-In Patienten entgegentritt. Doch wir haben die Situation ganz gut gemeistert und umso mehr wir drehten, umso eher lösten sich unsere Berührungsängste in Luft auf.

 

Postproduktion

Bei der Erstellung des Films im Schnitt legten die Co-Regie Susanna Jerger und ich besonders auf diese Menschen wert. Natürlich durfte der Blick für die Wissenschaft nicht aus den Augen verloren werden. Im Vordergrund stehen allerdings die Überlebensstrategien sowie der Lebensmut von sechs Betroffenen und ihren Familien im Umgang mit dem Locked-In Syndrom. Deshalb musste die Balance zwischen Schicksal und Hoffnung gefunden und herausgearbeitet werden. Dies im Schnitt herauszufiltern war nicht immer einfach. Es galt bei unserer Arbeit, die glücklichen sowie die traurigen Momente im Leben eines Locked-In Patienten in Einklang mit dem Konzept zu bringen. Daher mussten wir den gesamten Film nochmals neu strukturieren um jede Lebensgeschichte zur Geltung zu bringen. Der Sprecher dient als eine Art Rahmen, der die einzelnen Abschnitte in dieser Dokumentation zusammenhält.

 

Fazit

Schon während der Dreharbeiten musste das ganze Team feststellen, dass allein durch das Interesse einen Film gemeinsam mit den Patienten zu realisieren, wo sie ihre ganz eigene Geschichte erzählen können, schon ein bisschen Abwechslung in den Alltag der sechs Mitwirkenden gebracht hat. Es ist schön zu hören, dass die Dreharbeiten nicht nur uns sehr viel Spass gemacht haben sondern auch den Protagonisten. Die Betroffenen und ihre Angehörigen, sowie die Wissenschaftler und Pfleger haben uns viele Einblicke in die Problematik und Thematik des "Locked-In" Syndroms und in ihre Arbeit gegeben. Sie waren immer sehr zuvorkommend und mehr als eine echte Hilfestellung für diese Dokumentation.